Man liest oft von überdurchschnittlichen Wachstumsraten des nachhaltigen Anlagesegments, die zu einem immer gewichtigeren Marktanteil führen. Es entsteht der Eindruck, nachhaltiges Anlegen sei mittlerweile (fast) zu einem Standard geworden.
Für viele grosse, institutionelle Investoren wie zum Beispiel Versicherungen oder Stiftungen mag das so sein. Es gibt zwar schon einige Finanzdienstleister, die seit Jahrzehnten nachhaltige Geldanlagen anbieten. Für viele Privatanleger, Bankberater und traditionelle Finanzdienstleister ist nachhaltiges Anlegen jedoch noch relativ neu. Und neuen Themen steht man erstmal vorsichtig gegenüber und stellt sich einige Fragen:
«Bekomme ich im Vergleich zu einer traditionellen Anlage weniger Rendite, wenn ich nachhaltig anlege?»
Es gibt viele wissenschaftliche Untersuchungen, die aufzeigen, dass nachhaltige Anlagen in Sachen Rendite traditionellen Anlagen in nichts nachstehen und in der Tendenz sogar noch ein besseres Risikoprofil aufweisen, da die Gefahr, das verantwortungsvoll handelnde Firmen Skandale im Bereich Soziales oder Umwelt auslösen, geringer ist.
«Aber kann ich diesen Statistiken wirklich trauen? Traue ich diesen Bankern mehr, weil sie mir jetzt nachhaltige Finanzprodukte verkaufen wollen?»
Vertrauen braucht Zeit. Bei allem, was neu ist und mit Finanzen zu tun hat, ist man erstmal vorsichtig. Der Einzelne hat vielleicht auch schon in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Anlageberatern gemacht.
«Wie gross ist der positive Einfluss auf Umwelt und meine Mitmenschen, wenn ich nachhaltig anlege?»
Mit Geld kann man viel bewirken. Diese positive Wirkung jedoch für den Kunden messbar und spürbar zu machen, ist für Finanzdienstleister eine grosse Herausforderung. Wenn man statt mit dem Flugzeug mit dem Zug reist, tut man der Umwelt etwas Gutes. Man ist selber auf dieser Reise und hat ein besseres Gefühl und Verständnis für die positive Wirkung. Wenn man jedoch zum Beispiel in Aktien eines nachhaltigen Unternehmens auf der anderen Seite des Globus anlegt, fehlt dieser Bezug.
Gefragt sind intelligente Alternativen
Dann gibt es noch die Fragen, die mit Geldanlagen generell – nicht mit Nachhaltigkeit – zu tun haben und einen Anleger dennoch interessieren.
«Kann ich bei den niedrigen Zinsen mein Geld noch irgendwo nachhaltig und gewinnbringend anlegen?»
Dynamische Anlagen mit Aktien; konservative Anlagen mit Obligationen; ausgewogene Anlagen mit einem Mix aus beidem. Das war lange Zeit die Zauberformel des Geldanlegens. Doch wenn niedrige oder negative Zinsen (nach Kosten) zu einem erwarteten Verlust bei der Anlage bei Obligationen führen, wirkt der alte Zauber nicht mehr in der aktuellen Welt, und man braucht Alternativen – auch für nachhaltige Anlagen.
«Habe ich überhaupt die Möglichkeit, mein Geld individuell nachhaltig anlegen zu lassen, oder bedarf es da eines höheren Anlagebetrages?»
Auf Grund eines gestiegenen Konkurrenzdrucks und sinkender Margen auf Finanzprodukte müssen Finanzdienstleister immer effizienter werden. Häufig fokussieren sich die Anbieter deswegen auf Kunden mit grossem Portemonnaie, denn an den «kleinen Kunden» lässt sich nicht genug verdienen. Individuelle, persönliche Vermögensverwaltung wird somit immer seltener angeboten.
Falls Sie sich einige der vorgenannten Frage schon selber gestellt haben oder noch weitere haben, hoffe ich, dass Sie für sich beim Lesen der vorliegenden Lektüre «Nachhaltiges Investment Schweiz 2020» einige Antworten finden. Ich wünsche Ihnen hierbei viel Vergnügen.
Autor:
Andreas Jaworski hat nach sieben Jahren Grossbankerfahrung als Risiko- und Portfoliomanager für Fonds und Versicherungsmandate 2017 die Vermögensverwaltung Responsible Returns gegründet und investiert seitdem klimaneutral nach dem persönlichen ethischen Wertekompass seiner Kunden. responsiblereturns.ch
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