Unternehmerische Nachhaltigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Sie wird nicht länger als zusätzliches Engagement losgelöst von wirtschaftlichen Kernaktivitäten betrachtet, sondern als zentrale Aufgabe der Wirtschaft gesehen. Das bringt mehr Verantwortung, aber auch neue Chancen für Investoren mit sich.

Nachhaltigkeit fördern, Anlagen nachhaltig absichern

In der konkreten Anlagesituation kommt zum Tragen, was in Fachkreisen als «doppelte Materialität» bekannt ist: Anleger und Anlegerinnen können sich auf die Auswirkungen von Unternehmen auf die Nachhaltigkeit fokussieren; auf der anderen Seite können sie auch künftige Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen für Unternehmen in ihrem Portfolio in den Mittelpunkt ihrer Bewertung stellen.

«Die Aufgaben sind gross, ebenso die Chancen.»

Wie sehr man den einen oder den anderen Aspekt betont, ob man eher in Unternehmen investiert, die schon nachhaltig arbeiten, oder sich bei solchen engagiert, die noch am Anfang des Weges stehen, aber klare Fortschritte zeigen, gehört zu den strategischen Fragen, die sich nachhaltige Anleger stellen sollten.

Ist die strategische Richtung festgelegt, gilt es, den richtigen Mix der Instrumente zu finden. Sollen Ausschlusskriterien angewandt werden, Nachhaltigkeitskriterien eng in den «normalen» Investitionsentscheidungprozess integriert werden, auf nachhaltige Entwicklungsziele fokussiertes Impact Investing praktiziert werden – oder alles davon in sinnvoller Kombination? Eine Übersicht der Optionen, wie sie zum Beispiel der Branchenverband Swiss Sustainable Finance anbietet, leistet hier Hilfestellung.

Was müssen Unternehmen, was Finanzdienstleister beisteuern?

Nachhaltigkeitsaspekte können allerdings nur dann beim Investieren fundiert berücksichtigt werden, wenn Unternehmen aller Branchen sie wirksamer managen und dazu transparenter berichten.

In der Schweiz werden entsprechende Anforderungen nach der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative sicher steigen, unabhängig von ihrem Ausgang. In der EU ist bereits klar, dass von Unternehmen künftig erwartet wird, ihre Umsatzanteile aus klimazielkonformen beziehungsweise nicht konformen Aktivitäten auszuweisen. Bei anderen Themenbereichen wie Biodiversität, Gewässerschutz, Kreislauffähigkeit, Menschenrechte und Arbeitsbedingungen wird das nicht lange auf sich warten lassen. Diese Erwartungen werden massgeblich getrieben durch den EU-Aktionsplan Nachhaltiges Finanzwesen, der Finanzdienstleister verpflichtet, Nachhaltigkeitsthemen im Anlageprozess, im Risikomanagement und in der Kundenberatung zu berücksichtigen. Die Grundlage dazu müssen allerdings die Unternehmen schaffen, indem sie bessere Informationen zur Verfügung stellen.

Aus unserer Beratungstätigkeit wissen wir, dass auch bei den bestgeführten Unternehmen und Finanzdienstleistern in Punkto Nachhaltigkeit wesentlicher Nachholbedarf besteht. Die Aufgaben sind gross, ebenso die Chancen. Eine langfristig nachhaltig ausgerichtete Wirtschaft dürfte nicht nur unsere Ressourcen schonen, sondern unter veränderten Randbedingungen auch profitabler und krisensicherer sein.

Autoren

Dr. Bernd Kasemir ist Mitbegründer und Managing Partner der Nachhaltigkeitsberatung Sustainserv. Seit mehr als 18 Jahren begleitet er Unternehmen in Europa und den USA bei Strategieentwicklung, Leistungsmessung und Berichterstattung zu langfristiger, nachhaltiger Wertschöpfung.
www.sustainserv.com

Ralf Frank ist Geschäftsführer bei RFC Ralf Frank Consulting GmbH und Senior Advisor bei Sustainserv. Nach über 17 Jahren als Managing Director der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) bringt Ralf Frank seine Erfahrung zum nachhaltigen Anlegen in seine Beratungstätigkeit ein. www.sustainserv.com

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