EU Taxonomie, CSRD, SFDR, MiFID II, Sorgfaltsprüfung bzgl. Kinderarbeit und Konfliktmineralien, Klimaberichterstattung gemäss TCFD: die Regulierung zu Nachhaltigkeit und ESG schreitet mit schwindelerregender Geschwindigkeit voran und bedarf der Orientierung.

Von der Kür zur Pflicht

Galt Nachhaltigkeit vor 10 und mehr Jahren noch als «Kür», dank der sich vorausschauende Unternehmen auf freiwilliger Basis ein positives Image erarbeiten, Reputationsrisiken managen und Ideen für Produktinnovationen entwickeln konnten, so bestehen heute diverse regulatorische Anforderungen, welche verfolgt, verstanden und fristgerecht umgesetzt werden müssen.
Dabei gelten nicht nur die nationalen Vorgaben der Schweiz, sondern für Finanzdienstleister ab einer gewissen Grösse und mit Wertschöpfung in der EU auch deren mannigfaltigen Regulierungen. Thematisch lassen sich diese Anforderungen in vier Bereiche aufteilen: Berichterstattung, Produktinformationen, Anlagepräferenzen, und Sorgfaltsprüfung.

Nichtfinanzielle Berichterstattung

Mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative traten in der Schweiz Anfang Jahr Berichterstattungspflichten zu Risiken in den Bereichen Umwelt, Soziales, Arbeitnehmerbelange und Menschenrechte in Kraft. Zudem wird in absehbarer Zeit die Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange anwendbar, welche die Umsetzung der Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) für grössere Publikumsgesellschaften und Finanzinstitute verbindlich macht. Damit vollzieht die Schweiz Anforderungen, welche in europäischen Ländern bereits seit einiger Zeit gelten bzw. auf EU-Ebene mit dem Entwurf der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) kürzlich konkretisiert worden sind.

Angabe von Produktinformationen

Steht «grün» oder nachhaltig auf der Verpackung besteht noch keine Garantie, dass dies auch dem Inhalt entspricht. Um dem Risiko des sogenannten «Greenwashing» zu begegnen und Finanzströme in Richtung grünes bzw. nachhaltiges Wirtschaften umzuleiten, erarbeitete die EU im Rahmen ihres Sustainable Finance Action Plans mit der Sustainability Taxonomy und der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) Kriterien, um den Grad an Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Aktivitäten und Finanzprodukten zu messen. Die Konkretisierung dieser Vorgaben zieht sich allerdings hin, insbesondere was die soziale Dimension der Nachhaltigkeit betrifft.

Erhebung von Anlagepräferenzen

Aufbauend auf der SFDR verpflichtet MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive) Finanzdienstleister, ihre Kunden einer Eignungsprüfung zu unterziehen. Neben Abklärung von Investmentkenntnissen, Risikofähigkeit, Anlagezielen usw. schliesst diese Prüfung seit August 2022 auch die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung mit ein. Dabei sollen Kundinnen und Kunden gefragt werden, ob sie einen Mindestanteil ökologisch nachhaltiger Investitionen in Übereinstimmung mit der Taxonomie bzw. gemäss SFDR wünschen, oder ob sie die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (PAI) berücksichtigen möchten.

Prüfung von Umwelt- und menschenrechtlichen Risiken

Ebenfalls als Teil des indirekten Gegenvorschlags traten im Januar 2022 Sorgfalts- und Berichtspflichten für Schweizer Unternehmen in Kraft, welche mit Risiken in den sensiblen Bereichen Kinderarbeit und «Konfliktmineralien» konfrontiert sind. Diese punktuellen Anforderungen in Bereichen mit erhöhten Risiken gehen weniger weit als der umfassendere Entwurf für die Corporate Sustainability Due Diligence (CSDD) Richtlinie, welche die EU-Kommission im Februar 2022 vorgelegt hat. Diese verpflichtet Unternehmen, nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt in ihren Wertschöpfungsketten zu ermitteln, zu vermeiden, abzuschwächen und zu beheben.

Spezialisierte Services helfen Unternehmen, ihre Betroffenheit von diesen Regulierungen abzuklären und die nötigen Umsetzungsschritte in die Wege zu leiten.

Bruno Bischoff leitet ESG Risk Advisory bei ECOFACT AG, welche ihre Kunden seit 1998 im Umgang mit ESG-Regulierung und ESG-Risiken unterstützt. ECOFACT betreibt u.a. Policy Outlook, ein umfassendes Tool welches erlaubt, regulatorische Entwicklungen zu Sustainable Finance und Corporate Responsibility zu verfolgen. www.ecofact.com/de/policyoutlook/

Illustrationsbild: © adobestock/Blue Planet Studio