Der Finanzsektor muss sich verbindlich so ausrichten, dass seine Tätigkeiten mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel sind. Die Branche hätte es in der Hand, mit griffigen Branchenvereinbarungen Verantwortung zu übernehmen. Einzelne grüne Fonds im Schaufenster aber reichen nicht. Wenn die Krisen der letzten Monate – Hitze, Dürre, die Verbindung von Krieg und Rohstofffluch – eines klar gemacht haben, dann ist es dies: eine grundsätzliche Transformation tut not.

So wichtig der Finanzsektor für die Schweizer Wirtschaft ist, so gross ist sein Hebel beim globalen Klimaschutz: Schweizer Finanzinstitute verwalten mehr als 8000 Milliarden Franken – ein Viertel der weltweit grenzüberschreitend verwalteten Vermögen. Die Nationalbank agiert mit mehr als 200 Milliarden faktisch als einer der grössten Staatsfonds am weltweiten Aktienmarkt. Und die von Pensionskassen, Anlagestiftungen und Versicherungen verwalteten Vermögen übersteigen mit mehr als 1000 Milliarden das Schweizer Bruttoinlandprodukt. Ein viel zu grosser Teil dieser gewaltigen Mittel fliesst nach wie vor auch in die internationale Öl-, Gas- und Kohlebranche und wirkt damit auf einen Temperaturanstieg von 4 bis 6 Grad hin. Aller Absichtserklärungen des Finanzsektors zum Trotz sind wir weit entfernt von einem CO2-Absenkpfad, mit dem sich die Pariser Zielvorgabe erreichen liesse.

Von der Innovation zur Transformation

Oft stellen heute Anbieter einzelne Ökofonds als Leuchtturmprojekte ins Schaufenster. Gleich wie Unternehmen, die sich einer grünen Innovation rühmen, um dahinter ihr normales, graues Big-Business zu verstecken. Nun müssen wir den Schritt von der Innovation zur Transformation schaffen. Nachhaltigkeitslabel müssen in transparenter Weise auch die gesamte Tätigkeit eines Unternehmens umfassen – und nicht nur einzelne Produkte: Ein Autohersteller, der den Grossteil seines Umsatzes mit fossilen SUV macht, wird nicht plötzlich zum nachhaltigen Unternehmen, bloss weil er zusätzlich auch innovative, energiesparende E-Mobility-Konzepte anbietet. Und ein paar grüne Fonds machen noch keinen grünen Finanzplatz. Grundlage für eine umfassende Transformation sind verbindliche Definitionen, anhand derer wirtschaftliche Tätigkeiten als nachhaltig eingestuft werden können. Die EU Taxonomie könnte dabei eine taugliche Grundlage auch für die Schweiz sein – unter Ausschluss von Atomenergie und fossilem Gas.

Walk the talk

Die Branche selbst betont zwar ständig, wie stark sie sich für einen nachhaltigen Finanzplatz einsetzt. Da antworte ich gerne mit «walk the talk!» Konkret heisst das: Der Sektor verpflichtet sich auf verbindliche, ambitionierte Ziele, die er in Eigenverantwortung erreicht. Und ist bereit, sonst griffige Regulierungen zu akzeptieren.

Was für die privaten Finanzinstitute gilt, muss für die öffentlichen Gelder umso mehr gelten: Die für unsere Altersvorsorge angelegten 1000 Milliarden Franken sind heute auch so investiert, dass sie die Lebensgrundlagen unserer Nachkommen untergraben. Nationalbank, Pensionskassen, Anlagestiftungen und Versicherungen müssen darum verpflichtet werden, die ihnen anvertrauten Vermögen nachweislich nachhaltig zu investieren.

Nachweislich nachhaltig

Nach der Innovation die Transformation: Dies muss das Motto für den Finanzplatz Schweiz sein. Umfassend und schnell. So nutzt die kleine Schweiz ihren immensen Hebel für das weltweite Klima. Und das dürfte sich rasch auch zu einem Standortvorteil entwickeln.

Balthasar Glättli vertritt die GRÜNEN Kanton Zürich seit 2011 im Nationalrat und seit 2020 ist er Präsident der
GRÜNEN Schweiz. Er war elf Jahre
Mitglied der Staatspolitischen
Kommission und ist heute in der Wirtschafts- und Abgabenkommission WAK.

 

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