Nachhaltig zu investieren, durch Geldanlagen die Umwelt zu schützen, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen und verantwortungsvolle Unternehmensführung sicherzustellen, wird von Anlegerinnen und Anlegern zunehmend nachgefragt.

Allerdings: Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit? Mit welchen Kriterien wird sie gemessen? Und haben die Anlagen einen Impact?

Im Vergleich zu konventionellen Investmentfonds zeichnen sich nachhaltige Anlagen meist dadurch aus, dass ihre Portfoliomanagerinnen und -manager einen zusätzlichen ESG-Filter in den Auswahlprozess einbauen. Das Problem dabei ist allerdings: Investments in diese Fonds haben – wie viele Studien zeigen, darunter die Greenpeace-Studie aus Juni 2021 – meist gar keinen oder bestenfalls einen verschwindend geringen Effekt auf die Umwelt. Mit dem aktuell häufig angewendeten Ansatz über Ausschlusskriterien wird wenig oder gar keine Veränderung in der Welt erwirkt. Wenn Branchen oder Unternehmen mit Aktivitäten in Atomkraft, Spielcasinos oder Waffenherstellung ausgeschlossen werden, ändert sich in diesen Branchen dadurch nichts.

Tatsächlich verändern können die Welt nur echte Impact Investments. Bei ihnen liegt der Fokus auf den Auswirkungen, welche die Geldanlage letztlich auf die Realwirtschaft hat. Es geht also nicht darum, nur die «Musterschüler» ins Portfolio zu nehmen, um sich anschliessend zurückzulehnen. Stattdessen will man beim Impact Investing echte Veränderung vorantreiben.

Die Kontrolle zurückgewinnen

Wenn wir die Wirtschaft auf Klima-Kompatibilität und gerechte Sozialstandards upgraden wollen, brauchen wir den Druck der Eigentümerinnen und Eigentümer. Diese können beispielsweise durch Shareholder Engagement Einfluss auf Unternehmen nehmen und ihre Stimmrechte nutzen. 

Kontrolle und Mitbestimmung sollten eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Schliesslich sind die Aktionärinnen und Aktionäre die Miteigentümerinnen und Miteigentümer eines Unternehmens – und damit berechtigt und verantwortlich, über die Unternehmensform, die Produkte, die Art der Produktion, die Personalführung, Vorstände und Aufsichtsräte zu entscheiden.

Durch Impact Investments können Anlegerinnen und Anleger die Kontrolle zurückgewinnen. Denn sie können sich direkt an relevanten Abstimmungen beteiligen – über die gesamte Laufzeit ihres Investments. Das wirkt. Auch im grossen Rahmen, wie das Beispiel des US-amerikanischen Impact Investors Engine No. 1 belegt: Engine No. 1 überzeugte die Hauptaktionärinnen und -aktionäre von Exxon, für die neuen Vorstandsmitglieder zu stimmen. Eine weitere Möglichkeit ist, sich bei Shareholder Engagement Events zu beteiligen. Hier können Anlegerinnen und Anleger in direkten Kontakt mit wichtigen Entscheidungsträgern des Unternehmens treten und die Zukunft des Unternehmens mitgestalten.

Überrenditen erzielen

Metastudien, wie zuletzt vom NYU Stern Center for Sustainable Business, zeigen, dass nachhaltige Anlagen sich langfristig eher auszahlen und besser abschneiden können als konventionelle Anlagen. Ein häufiger Grund ist, dass Letztere mitunter sogenannte Stranded Assets enthalten, die vielleicht aktuell die Aktienkurse in die Höhe treiben, obwohl die Aussicht besteht, dass diese Vermögenswerte in Zukunft wertlos werden könnten. Ein Beispiel sind Automobilhersteller und deren Verbrennungsmotoren. Forschung und Produktionskapazitäten in diesem Bereich werden massiv an Wert verlieren. Und zwar viel schneller als bislang angenommen, denn spätestens seit den entsprechenden Beschlüssen seitens der EU und anderer Regulierungsbehörden ist klar, dass diese Technologie keine Zukunft haben wird. Letztlich sollten alle, die nachhaltig anlegen wollen, die Augen offenhalten und nachfragen, in was sie konkret investiert sind und Verantwortung für ihre Investments übernehmen, indem sie Aktionärsrechte bewusst wahrnehmen.

Dr. Tillmann Lang ist CEO und Co-Gründer von Inyova, einer der führenden digitalen Impact Investing Plattformen. Zuvor war er sechs Jahre bei McKinsey & Company, CFO bei Benefiit und Gründungsdirektor des Sustainability-in-Business-Labs der ETH Zürich. www.inyova.ch

Illustrationsbild: ©adobestock/witsarut