Für den Wandel zur Kreislaufwirtschaft muss sich der Fokus der Konsumgütermärkte auf dauerhafte Produkte aus hochwertigen Materialien richten, die länger halten.

«Kreislaufwirtschaft» steht für das Konzept des Lebens- und Energiekreislaufs: Nichts entsteht aus dem Nichts und nichts wird je verschwendet. Das ideale Produkt der Kreislaufwirtschaft ist beständig, lässt sich leicht reparieren oder ändern und leicht wiederverwenden oder recyceln.

Unternehmen können die Lebensdauer von Produkten verlängern, indem sie von vornherein auf Qualität und Robustheit achten. Ein dauerhafteres Produkt, das es wert ist, länger genutzt zu werden, bietet eine gute Werthaltigkeit, selbst wenn es teurer ist als das Konkurrenzprodukt. Ein besonders erfolgreicher Fall ist die Dauerwerbekampagne für die Luxusuhr Patek Philippe, die ein Marketingprofessor 2015 in einem Beitrag in The Atlantic als beste Werbekampagne aller Zeiten bezeichnete: «Eine Patek Philippe gehört einem nie ganz allein. Man erfreut sich ein Leben lang an ihr, aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation.»1

Einige Unternehmen experimentieren mit selbstreparierenden Produkten, zum Beispiel bei Leder und Baustoffen. Wissenschaftler experimentieren mit Produkten aus Calciumsulfoaluminat-Zement, bei denen sich später auftretende Risse selbst schliessen.2

Ein weiterer Ansatz zur Verlängerung der Lebensdauer von Produkten und Materialien ist die Modularität: die Herstellung von Produkten mit einer begrenzten Zahl standardisierter Komponenten, die leicht ausgetauscht oder zu neuen Produkten kombiniert werden können.

Die Demontage zur Wiederverwendung oder Rezyklierung ist einfacher, wenn Produkte aus «Monomaterialien» – einem einzigen Material – oder möglichst wenig Materialien bestehen. Dies erfordert hohe Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Doch Chemie- und Technikunternehmen reagieren auf diese Nachfrage.

Wenn Hersteller kaum eine Wahl haben, als ein Produkt aus vielen Materialien herzustellen, kann die Demontage anderweitig erleichtert werden – zum Beispiel, durch den Verzicht auf Kleb- oder Gefahrenstoffe. Dies erschliesst ein ganz neues Feld, die «Aktive Demontage». Hier werden Produkte mithilfe bestimmter Materialien und Prozesse so gestaltet, dass sie als Reaktion auf externe Impulse auseinanderbrechen.

Ungeachtet der Branche werden in der linearen Wirtschaft Gewinne erzielt, indem man so viele Produkte wie möglich aus möglichst billigen Materialien herstellt und sie so bald wie möglich durch neue Versionen ersetzt. Bei diesem System führt der Wettbewerb zu immer schneller wechselnden Moden. Jeder Hersteller versucht, ein «aktuelleres»Modell mit einem grösseren «Wow-Faktor» anzubieten. Als Reaktion darauf sprechen Design- und Marketingexperten über die Schaffung eines zirkuläreren Wirtschaftsmodells durch «emotionale Dauerhaftigkeit»: Marketing soll die Verbraucher anregen, ein Produkt länger zu nutzen, statt ein neues zu kaufen. Daher erfordert die Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft eine signifikante Veränderung der heutigen Konsumkultur und der Werte, auf die sie sich stützt.

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Selbstreparierend: Das US-Unternehmen SAS Nanotechnologies hat selbstheilende Mikrokapseln in Farbe entwickelt, die als antikorrosives Pigment agieren.
Modularität: Die niederländische Fairphone entwickelte ein Smartphone, das länger hält als modische Geräte. Die Benutzer können das Display, den Akku und andere Teile leicht selbst ersetzen, wenn sie kaputtgehen, sich abnutzen oder überaltert sind. Die Käufer werden aufgefordert, Fairphones oder andere alte Smartphones in der leeren Schachtel gegen eine Rückvergütung oder einen Preisabschlag zurückzugeben.
Monomaterialien: Die deutsche Siemens, der spanische Maschinenbauer Bossar und das US-Verpackungsunternehmen Scholle IPN entwickelten ein Verfahren zur Herstellung einer recyclingfähigen Monomaterial-Folie. Der deutsche Großmarktbetreiber Metro will bei Verpackungen so weit wie möglich Monomaterialien verwenden, um die Recyclingfähigkeit zu verbessern – mit dem erklärten Ziel «die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen».
Demontage: Active Disassembly Research, unter Leitung des Erfinders Dr. Joseph Chiodo, entwickelt Produkte, die sich aufgrund der verwendeten Materialien und Prozesse bei externen Impulsen bewegen oder auseinanderfallen. Ein Beispiel ist eine Schraube, deren Gewinde sich bei Erhitzung löst.

Die Kreislaufwelle schaffen … und davon profitieren

Anleger können dazu beitragen, die gerade Linie zu krümmen, indem sie Ressourcen in Unternehmen leiten, die am Aufbau der Kreislaufwirtschaft arbeiten. Bei Candriam bezeichnen wir Unternehmen, die ihre Aktivitäten und Lieferketten stärker auf das Kreislaufprinzip ausrichten, als «Umwandler» und Unternehmen, die «Umwandlern» dabei helfen, ihr Ziel zu erreichen, als «Wegbereiter».

Wenn Sie wie wir der Ansicht sind, dass ein Fokus auf ESG-Faktoren die Wirtschaft nicht nur nachhaltiger macht, sondern auch langfristige Outperformer aufdeckt, können wir Ihnen helfen, diese Chancen zu nutzen. Prognosen zufolge wird die weltweite Kreislaufwirtschaft bis 2030 um 4,5 Bio. USD wachsen. Daher wird der Umstieg auf Kreislaufprinzipien ein wichtiges, positives Anlagethema sein.

Facts

Candriam ist ein europäischer Assetmanager mit einer über 20-jährigen Erfolgsgeschichte . Als Pionier in Sachen nachhaltigem Investieren sind wir Teil der mit einem Triple-A-Rating eingestuften New York Life Gruppe, einer der grössten Lebensversicherungsgesellschaften in den USA . In unseren Anlagezentren Brüssel, Paris, Luxemburg und London verwalteten wir per Juni 2020 ein Vermögen von CHF 130 Mrd.. Zu unseren Kernkomptenzen gehören SRI-Strategien in verschiedenen Anlageklassen, Thematische und Europäische Aktienfonds, Hochzins-und Schwellenländeranleihen sowie Privatmarktanlagen. Candriam ist seit fast 20 Jahren mit Büros in Zürich und Genf in der Schweiz vertreten.

Thomas Kälin
Senior Client Relationship Manager, Switzerland

CANDRIAM
Stockerstrasse 38
8002 Zürich

1https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2015/03/the-big-question/384984/
2https://www.researchgate.net/publication/257407061_Self-healing_of_surface_cracks_in_mortars_with_expansive_additive_and_crystalline_additive
3Accenture Research «Waste to Wealth: Creating advantage in a circular economy», 2015 – Weltwirtschaftsforum 2019

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