Die Spatzen pfeifen es von den Bankendächern – aber ist «Nachhaltig Investieren» mehr als ein neues Kleid für den nackten Finanz-König? Wir wissen es noch nicht.

Nachhaltiges Investment kann vieles heissen: «Nachhaltig» als «lang anhaltend». Also Geldanlagen, die längerfristig guten Ertrag ergeben. Vielleicht ist dies nicht mal die schlechteste Interpretation, da dies den sinnlosen Druck von Quartalsergebnissen senkt und mittelfristige Kriterien wie Strategie und Stakeholder-Dialog stärkt. Aber für mich, und wohl viele Autorinnen und Autoren dieser Schrift, meint nachhaltiges Investment die Kapitalanlage in Unternehmen und Projekte, die wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich Wert schöpfen.

Wer will denn das?

Grob geschätzte 5 bis 20 Prozent des Kapitals gehören Eigentümern, die eine nachhaltige Entwicklung wollen – oder via Statuten (Stiftungen) wollen müssen. Und die anderen? Vielen reicht das Wachstum oder zumindest die sichere Verwaltung ihres Kapitals. Aber einige hören das neue «Houston, we have a problem» (Apollo 13): Dürre, Hochwasser und so weiter. Die Veränderung des Klimas und der Verlust an Biodiversität lassen die Wette auf «Buy and hold – weiter wie bisher» zunehmend als dumm erscheinen. Und die EU macht Dampf mit Regelungen zum nachhaltigen Investment, damit nachhaltige Anlagen eine echte Umwelt- und Sozial-Orientierung enthalten.

Auch die Bankenwelt reagiert, dem Trend gehorchend und neue Chancen witternd. Mit internem Kompetenzaufbau und mit Brancheninitiativen wie PCAF (carbonaccountingfinancials.com), über die Klimawirkung von Anlageportefeuilles. Bereits diese Transparenz wird Wettbewerb auslösen: «Wer hat klimafreundliche ertragsreiche Fonds?» Und so werden weiter Anlagegelder auf Nachhaltigkeit umorientiert: mit 3 Prozent des Kapitals, mit 10 Prozent, 50 Prozent, oder sogar einem nachhaltig gerichteten Vollmandat.

Wie wichtig ist diese Entwicklung?

Das wissen wir noch nicht. Je nach Weltbild ergeben sich andere Sichtweisen: Wer im freien Markt die wichtigste Kraft sieht, wird diese Entwicklung als wichtig einschätzen – wer soll denn die Hinwendung zu nachhaltigem Investieren schaffen, wenn nicht Banken und Anlegerinnen und Anleger?
Wer «Definition des Spielfelds», also staatliche Regelungen im Zentrum sieht, wird den EU-Initiativen Wirkung zusprechen, darauf hoffen, dass auch die USA und China nachziehen – und bedauern, dass die politische Schweiz erneut hinterher tippelt. Wer «Follow the money» als Leitkraft sieht, mag das Thema als Vernebelungstaktik sehen, da ohne ernste Bepreisung von Umweltzerstörung unnachhaltige Geschäfte finanziell attraktiv bleiben. Und wer im KMU täglich die Kundenzufriedenheit im Auge hat, den mag das Thema erst direkt betreffen, wenn Banken auch bei Unternehmenskrediten Nachhaltigkeit prüfen.

Mein Eindruck:

Der Zug zu nachhaltigen Investments fährt. Wie rasch? Das zeigt sich in den nächsten zwei Jahren. Erfahrungen legen Investierenden nahe, den Zug nicht zu verpassen, denn auch die Renditen stimmen. Für echte Wirkung ist die Arbeit der Regulatoren wichtig. In den Banken wächst die Kompetenz zum Thema – auch wenn viele erst beginnen. Wenig ist bisher zur Rolle der Kapitalnehmer zu lesen. Und auch das gepriesene Rückgrat der Wirtschaft, die KMUs, warten noch in der zweiten Reihe, doch kann dies mit Kreditkriterien rasch ändern.

Forum ö
Das diesjährige forum ö, das am 26. Oktober von 8 bis 17 Uhr im Kultur- und Kongresshaus Aarau stattfindet, bietet eine gute Gelegenheit, öbu, den Verband für nachhaltiges Wirtschaften kennenzulernen. Das Forum steht unter dem Motto «Was will die Zukunft von uns? – Zusammen für die Wirtschaft von morgen.» Details zum Anlass finden sich auf
www.oebu.ch, unter «Events».

Arthur Braunschweig, Dr.oec.HSG, ist Präsident des Wirtschaftsverbands öbu. Beruflich tätig zu nachhaltigem Management ist er als Partner der E2 Management Consulting AG, als ETH-Dozent
und als Fachautor. www.oebu.ch
www.e2mc.com

Illustrationsbild: © adobestock/Arthon